Die Abschlussklasse 1953 mit den Schülern
aus Liebegast, Lieske, Oßling, Scheckthal und Weißig
mit der Klassenlehrerin Frau Werner
Kriegsende
Wie immer in diesen Tagen waren die halbwüchsigen Jungen die steile Holztreppe zum Schlossturm hochgestiegen und beobachteten aufmerksam die Umgebung. Besonders gingen die Blicke gen Osten. Von dort war der Geschützdonner in den letzten Tagen immer stärker geworden.
Man schrieb den 19. April 1945.
Von Milstrich kommend näherte sich ein Aufklärungstrupp der 2. Polnischen Armee und drang langsam bis zum Ortsrand vor.
Am nächsten Tag rückte aus Richtung Oßling die Sowjetarmee in Weißig ein. Eine kleine Truppe machte auf dem Dorfplatz halt. Eine Artillerieeinheit mit Haubitzen bezog am westlichen Ortsrand, auf der Wiese am Hofacker, Stellung. Ihre Rohre richtete sie in Richtung Kamenz, das noch von deutschen Truppen besetzt war. Plötzlich pfiff eine Granate heran und schlug im Schlossdach ein, verursachte aber nur geringen Schaden. Die sowjetische Artillerie antwortete nicht. Warum auch? Der Krieg war sowieso bald zu Ende, Deutschland stand vor der Kapitulation.
So hatte auch der Weißiger Bürgermeister Karl Waurentschk gedacht und gehandelt, als er sich am Vortage dem sinnlosen Befehl widersetzte, das Dorf zu evakuieren und die Panzersperren zu besetzen. Das Dorf war sowieso überfüllt mit Flüchtlingen, die, nach Westen strömend, nein, sich schleppend, vor Erschöpfung nicht mehr weiterkamen und hier Rast und Unterschlupf suchten. Durch diese mutige Tat des Bürgermeisters wurden dem Ort Kampfhandlungen und Zerstörungen erspart.
Nach wenigen Tagen zogen die sowjetischen Einheiten weiter, gen Westen. Für den Ort war damit der Krieg vorbei. Nicht aber die Not und das Elend, die dieser Krieg gebracht hatte.
Die wehrfähigen Männer waren noch im Krieg, gefallen oder in Gefangenschaft. Die Landwirtschaft lag teilweise am Boden, Pferde wurden requiriert und Kühe von polnischen „Fremdarbeitern“ Richtung Osten getrieben, die Versorgungslage katastrophal. Die meisten Bauern konnten sich noch notdürftig selbst versorgen, aber die Einwohner ohne Landwirtschaft und die vielen Flüchtlinge mussten irgendwie versorgt werden. Eine schier unlösbare Aufgabe für die örtliche Verwaltung, die kurz nach Kriegsende langsam aufgebaut wurde.