Das alte Dorfgasthaus
Gegenüber der alten Schule, in der der Schneider Johann Christian Neumann die Weißiger Kinder
nebenbei unterrichtet, und schräg gegenüber der beiden Tümpel, die später den Dorfteich bilden
werden, steht der Gasthof. Ein mit Schindeln gedecktes Fachwerkhaus, so wie alle Häuschen und Katen
links und rechts der Dorfstraße, die oft aber auch noch mit Stroh gedeckt sind. Da macht auch das
Herrenhaus der Zehmens mit seinen Holzschindeln keine Ausnahme.
Immerhin besitzt das Gasthaus einen größeren Raum, in dem die meisten des derzeit etwa 120 Seelen zählenden Dorfes Platz
finden können. Das Gebäude hatte Rittergutsbesitzer Georg Christian Ludwig von Zehmen erbauen lassen und verpachtet,
denn bereits 1825 wird es als "herrschaftliche Schänke" urkundlich erwähnt. Über den ersten Pächter oder Betreiber schweigt
sich die Geschichtsschreibung aus.
Das Angebot in der Gaststätte ist gering, deckt aber die Trinkbedürfnisse der schwer arbeitenden, meist männlichen Dorf-
bewohner, die entweder im Herrenhaus, auf dem Rittergut oder auf den eigenen kleinen Feldern und Gärten arbeiten. Frauen
werden nur in männlicher Begleitung geduldet, was nur zu besonderen Anlässen vorkommt.
Der Wirt ist mit seiner Konzession zufrieden. Er führt Bier, Branntwein und Tabakwaren, aber keinen Wein. Auch Essen wird nicht
angeboten. Der Absatz an Bier bringt die größte Einnahme; die Kehlen sind immer durstig. Auch ist das Getränk relativ billig, hat
doch der Wirt mit der Liesker "Brauerei zum Bergschlößchen" einen günstigen Vertrag geschlossen.
Die Brauerei bietet im Jahre 1861 an:
Einfaches Bier a Tonne 2 Reichspf., 20 Neugr.
Die halbe Tonne 1 Reichspf., 10 Neugroschen
Die Vierteltonne 20 Neugroschen
Lagerbier a Eimer 4 Reichspfennige
(Zur Erläuterung:
Bis zum Münzgesetz vom 30.8.1924 galten in Sachsen folgende Zahlungsmittel:
1 Silber- oder Neugroschen = 10 Pfennig
1 Taler = 300 Pfennig
Als Raummaß für Flüssigkeiten galt: unterschiedlich in den einzelnen Ländern
1 Eimer = 67,36 Liter bis 75,8 Liter in Sachsen
1 Fass Bier = 4 Tonnen Bier = 420 Kannen = 392,95 Liter
72 Dresdner Kannen entsprachen gemäß der "Königlich Sächsischen Normalaichungscommission" einem Eimer
Die Angaben sind sehr widersprüchlich, besonders die der o.g. Brauerei von 1861)